Die Ölporträts Marias von Jever

Nennung der Porträts in den frühen Verzeichnissen

Die Porträts von Fräulein Maria, gehören zu den ersten nachweisbaren Ausstattungsstücken der Residenz. Im Inventar von 1726 findet bereits ein Porträt Erwähnung, das im fürstlichen Schlafgemach, dem Zimmer über der Toreinfahrt gehangen haben soll. Insgesamt fünf Porträts von Maria von Jever sind in einem Inventar von 1743 aufgeführt. Neben dem oben genannten soll es drei Bilder „auf Holz gemalt“ gegeben haben, davon werden zwei mit der Bezeichnung „Frl. Maria oder deren Schwester“ versehen. Der Zusatz „oder deren Schwester“ zeugt von der Unsicherheit des Verfassers und verweist auf das grundsätzliche Problem, dass sich vielfach die Dargestellten nur durch beigefügte Beschriftungen identifizieren lassen.

Ein späteres Inventar von 1874 gibt Auskunft über vier Porträts, die mit einer kurzen Beschreibung sowie einer Größenangabe und dem einheitlichen Vermerk, dass der Maler unbekannt sei, aufgeführt werden. Die Nummernzählung dieses Inventars, so lässt sich mehrfach beweisen, ist mit der Zahl, die auf einem kleinen Schild am Bilderrahmen angebracht wurde, identisch. Das Porträt „Frl. Maria von Jever, bez. Etatis sude 1572 (Eichenholz) †1575“, ist als Nummer 10., „Maria von Jever, Brustbild„ als Nummer 57., „Maria von Jever, auf Holz gemalt“ als 58. und „Maria von Jever, Eichenholz“ als 90. eingetragen.

Die Porträts im Schloss nach 1918

Es ist stark anzunehmen, dass bis 1918 diese vier Gemälde noch im Schloss vorhanden waren. Da sie jedoch, wie weitere Stücke auch, zu dem mobilen Inventar und zum rechtmäßigen Eigentum der Oldenburger Großherzöge gehörten, konnte einer Entfernung der Bilder aus dem Schloss nichts entgegengesetzt werden. Im Protokoll der Vorstandssitzung des Heimat- und Altertumsvereins vom 4. April 1921 wird der „schmerzliche Verlust der uns Jeverländern so lieben, wertvollen Bildern der Maria“ beklagt. Es handelt sich, nach heutigen Kenntnissen zufolge, um die Bilder Nr. 10 und Nr. 57, die aus dem Schloss Jever entfernt wurden.

In den folgenden Jahren bemüht sich der Verein, Porträts von Maria von Jever für das Schloss zurück zu erwerben. Der in Oldenburg ansässige Antiquitätenhändler Landsberg, der anscheinend über gute Kontakte zum Großherzog verfügte, sollte die gesuchten Porträts akquirieren. Am 31. Oktober 1928 schreibt Landsberg an den jeverschen Bürgermeister Müller, dass in Eutin im Schloss ein „kleines farbiges Bild auf Leinen 39 / 34 Nr. 57“ sei.

Die zwei in Jever verbliebenen Porträts

Dennoch beschränkte sich der Verlust der Porträts Marias vermutlich auf nur zwei Bilder. In einem Brief vom 18. November 1937, den der damalige Direktor des Landesmuseums, Dr. Walter Müller-Wulckow, an den Jeverländischen Heimatverein schrieb, fordert dieser „ daß eines der dem Staat gehörigen Bildnisse Fräulein Maria dem Landesmuseum überwiesen wird.“ Nach langwierigen Verhandlungen wird 1938 ein Porträt gegen einen jeverschen Steinsarg aus dem Landesmuseum getauscht. Dabei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um das mit der Nummer „58“ gekennzeichnete Porträt, dass seit 2014 wieder als Dauerleihgabe des Landesmuseums für Kunst- und Kulturgeschichte Oldenburg im Schloss Jever zu sehen ist.

Von dem Porträt Nr. 90 ist in der Sammlung des Schlossmuseums Jever noch der Rahmen erhalten, in dem ein schwarz-weiß Foto Auskunft über das eigentliche Bildnis gibt. Bei diesem Bild handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht um eine Porträt von Maria von Jever sondern eher von Walburga von Rietberg, wie Müller-Wulkow in seinem Artikel im Oldenburger Jahrbuch von 1961 plausibel anführt. Dieses Bild wird heute im Landesmuseum Oldenburg verwahrt.

Das Bildnis Nr. 10

Eindeutig gekennzeichnet ist das Porträt, auf dem der Zusatz „aetatis suae 1572“ in der linken, oberen Bildecke eingefügt wurde. Diese Beschriftung, die auf Gemälden des 17. Jahrhunderts durchaus üblich ist, bezeichnet das Alter des Dargestellten bei der Anfertigung des Bildes. Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass es sich hier um das Porträt einer zweiundsiebzigjährigen handeln soll. Viel eher ist anzunehmen, dass nachträglich aus einer „4“ eine „7“ entstand, die nicht weiter hinterfragt wurde. Dieses Gemälde gilt als Original aus dem 16. Jahrhundert und damit als gesichertes Abbild des jeverschen Fräuleins. Es kann zurecht „dem Typus des höfischen Porträts, das am burgundischen Hofe besonders geschätzt wurde“ zugeordnet werden. Die Reisen Fräulein Marias von Jever in die Niederlande und der Kontakt mit der dortigen Statthalterin Maria von Ungarn (1505-1558), scheinen von entscheidendem Einfluss für ihr Repräsentations- und Kunstverständnis gewesen zu sein. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Darstellungsweise Marias in dem Porträt, das um 1542 datiert und einem niederländischen Maler zugewiesen werden kann: allein Ausdruck und Haltung bestimmen das Herrscherporträt. Es kommt ohne offensichtliche Machtsymbole aus und besticht durch die naturalistische Wiedergabe der Stofflichkeit, die das Porträt edel und fein macht.

Eine Kopie dieses Bildnisses wurde 1931 von dem Heimatmaler Prof. Bernhard Winterangefertigt und ist wohl das bekannteste der Regentin. Es kann im Schloss Jever in Augenschein genommen werden. Eine weitere, sehr qualitativ hochwertige Kopie dieses Bildnisses befindet sich im Mariengymnasium Jever und wird Johann Heinrich Wilhelm Tischbein zugeschrieben, der ab 1808 für den Oldenburger Hof tätig war.

Angekommen im 20. Jahrhundert

Die Präsenz der Häuptlingstochter und der Wunsch, sich mit einem Bildnis von ihr zu umgeben, ließ auch im 20. Jahrhundert nicht nach. Der Maler Rudi Lehmann (1908-1999) schuf für das Schlosscafé im Hof zu Oldenburg eine Neuinterpretation des Gemäldes aus dem 16. Jahrhundert, das Maria als eine deutlich jüngere Frau in einem dunkelroten Kleid zeigt. Ursprünglich stand Maria an einen Mauervorsprung gelehnt, auf dem das Wappen von Jever zu sehen war. Links von ihr saß ein Windhund und schaute zu ihr hoch. Den Hintergrund bildete eine Wand aus dichtem Grün, das sich jedoch an einer Stelle auftut, um einen Blick auf jeverschen Schlossturm freizugeben. Dieses Bildnis muss vor 1985 stark beschnitten und auf den Umfang eines Brustbildes gekürzt worden sein. Heute verwahrt es das Schlossmuseum Jever.

Das Porträt als Marke

Ob als Konterfei für Sekt, Kaffee, Tee oder Bonbons und seit 2015 auch als Bild für Jever als „Frauenort“ – das Bildnis von Fräulein Maria von Jever war und ist mit dem Ort und der seiner Außendarstellung eng verknüpft.
(Text: Dr. Maren Siems)